ENDE
Die Augen des Paladin
Dreimal habe ich sie gesehen. Mit zehn Jahren sah ich sie zum ersten Mal mich studieren. In ihnen loderte die Flamme der Kühnheit, des Tatendrangs und seines adligen Wesens. Sie schienen doppelt so alt wie die meinen und sie sahen mich auf diese magische Weise an. Sie musterten mich und es schwang auch eine Besorgnis mit ihnen mit. Ihr Blick durchdrang meinen Körper, Sie suchten etwas - aber sie schienen nichts zu finden. An jenem Tag war ich erst spät mit meinen Eltern vom Feld gekommen, das weit abseits des Dorfes lag. Das war unser Glück gewesen, nur so haben wir den Sturm auf unser Dorf überlebt. Erst als der Paladin wieder davon ritt, sah ich die Verwüstung. Es war grauenhaft. So grauenhaft. Die Bilder dieses Massakers brannten sich tief in meine Seele. Zehn Jahre vergingen. Wir lebten in einer Stadt und hatten eine Herberge aufgebaut. Als er eintrat, erkannte ich ihn sofort. Es war sein Gang der ihn verriet. So gerade, so aufrecht. Und auch seine Augen, in denen noch immer seine Tugenden wild und ungezähmt loderten. Wieder traf sich unser Blick und ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen. Aus mir, dem jungen Burschen von damals, war ein stattlicher Mann geworden. Wieder durchdrangen mich seine Augen und fanden sie. Die Bilder des Massakers. Zuerst wirkte er ein wenig verwirrt, doch dann schien er es zu verstehen. Er strich mir mit seiner Hand leicht über meinen Kopf und löschte diese Bilder des Grauens aus . Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, machte er daraufhin kehrt und verließ die Stadt. Zwanzig Jahre sollten vergehen, bis ich ihn wieder zu Gesicht bekam. Auf den ersten Blick wirkte er nur leblos. Erst als ich in seineAugen, in seine gebrochenen Augen sah, erkannte ich ihn. Ja, es waren seinen Augen. Nur diesmal ohne Leben, ohne Feuer, ohne ... Sie waren tot. Er war tot. Er lag unweit meines Hauses in einer dunklen Gasse. Sein Körper war nackt und voller Wunden. Hatte er mich nochmals aufsuchen wollen? Wollte er nochmals in mich hineinschauen? War er gekommen, um mir meine Schmerzen zu lindern? Ich hatte den Tod meiner Eltern, meiner Frau und meiner kleinen Tochter nie verwinden können. Die Quälerei ließ mich nicht los. Und ich hatte so gehofft, dass er nochmals kommen würde, um mein Leid zu lindern. Warum? Ja, seinen Augen schienen mir diese Frage zu stellen. Warum habe ich nur auf ihn gewartet? Zu lange auf ihn gewartet? Ich war ihn zu spät suchen gegangen! Viel zu spät, seine Wunden würde ich nie mehr heilen können.